Frage des Mitarbeiters an Anja Kissling:
"Zwei Jahre lang versuchte ich als regionaler Vertriebsmanager
einer Textilfirma, mich für den Posten des Vertriebschefs
ins Gespräch zu bringen. Ohne Erfolg. Als der alte MA in
Rente ging, holte man einen von draußen - der globalen Erfahrung
wegen. Ich war sauer und wechselte fünf Monate später
als Vertriebschef in eine Sportartikelfirma. Begeistert von dem
neuen Job war ich nicht. Das Geschäft war ungewohnt, die
Mitarbeiter schwierig. In dieser Situation meldete sich nach weiteren
vier Monaten plötzlich mein Chef der alten Firma. Was war
passiert? Der neue Vertriebsmann mit der großen internationalen
Erfahrung hatte sich als Flop herausgestellt. Jetzt könnte
ich die Position bekommen, um die ich so lange und vergeblich
gekämpft habe. Was soll ich tun?
Aus gekränktem Stolz absagen oder zugreifen?
Die Antwort der Personalberaterin:
"Rückwege in das alte Unternehmen sind nicht immer Irrwege.
So ein Angebot würde ich zunächst als Zeichen von Wertschätzung
interpretieren. Die Rückkehr in das alte Unternehmen ist
deshalb kein Karrieremakel. Vor allem dann nicht, wenn wie in
diesem Fall eine Weiterentwicklung in der Karriere damit verbunden
ist. Allerdings warne ich vor hektischem Aktionismus und würde
mich nicht unter Entscheidungsdruck setzen lassen. Prüfen
Sie die Option in Ruhe:
Warum wollen die mich zurück? Weil ich so gut oder weil ich
die bequemste Lösung bin? Warum hat die Geschäftsleitung
sich von dem Neuen wieder getrennt? Was war das Problem? Und wäre
das bei mir anders? Traue ich mir zu, notwendige Veränderungen
durchzuziehen? Steht die Geschäftsleitung hinter mir? Habe
ich ein Netzwerk im Unternehmen, auf das ich mich verlassen kann?
Wie sieht es aus mit der Akzeptanz der früheren Kollegen,
die dann meine Mitarbeiter wären? Werden sie mich als Vorgesetzten
akzeptieren?
Beachten Sie auch, dass die Gespräche mit der alten Firma
richtige Vertragsverhandlungen sind und ernst genommen werden
müssen. Auf den treuen Augenausdruck oder per Handschlag
besiegelte Zusagen sollten Sie sich nicht einlassen - aller Vertrautheit
zum Trotz.
Grundsätzlich rate ich von einem Rückkehrangebot ab,
wenn es sich dabei wieder um die alte Position handelt. Kein besserer
Job, noch nicht mal mehr Gehalt - warum sollte ein karriereorientierter
Mitarbeiter dann in die alte Firma zurückwollen? Natürlich
kann man das tun, allerdings werden solche Entscheidungen eher
als Zeichen von Schwäche oder Bequemlichkeit gedeutet.
Dass jemand generell nach drei oder vier Monaten im neuen Job
überhaupt schon wieder wechselbereit ist, finde ich nicht
so ungewöhnlich. Wenn dies einmal passiert im Laufe einer
Berufsbiografie, kann man darüber hinwegsehen. Das ist m.E.
kein Jobhopping und es gibt ein paar Gründe, die allgemein
akzeptabel sind. Zum Beispiel, wenn eine Übernahme der neuen
Firma ins Haus steht. Da ist es schon verständlich, dass
manche frühzeitig wieder das Weite suchen wollen. Auch eine
schlechte wirtschaftliche Situation des Unternehmens ist ein Grund
für einen schnellen Wechsel. Auch wenn die Chemie nun absolut
nicht stimmt, bringen die meisten Berater und Personalentscheider
dafür Verständnis auf.
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